Anpassungsmethode der kleinsten Quadrate bei Parcel Fabrics

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Die Anpassungsmethode der kleinsten Quadrate wird bei Parcel Fabrics eingesetzt, um die Positionsgenauigkeit von Flurstücksecken schrittweise zu verbessern. Während Flurstücksgrenzdimensionen die Form eines Flurstücks genau definieren, wird mit der Anpassungsmethode der kleinsten Quadrate mit Vermessungspasspunkten die räumliche Position eines Flurstücks genau definiert.

Erläuterung der Anpassungsmethode der kleinsten Quadrate

Eine einzige Beobachtung (Peilung und Entfernung) von einem bestehenden Punkt kann zum Berechnen von Koordinaten für einen neuen Punkt verwendet werden. Es ist jedoch riskant, sich auf eine einzige Beobachtung zu verlassen, da es keine Möglichkeit gibt festzustellen, ob die Messung richtig ist. Mit einer zweiten Messung vom gleichen oder einem anderen bestehenden Punkt können die von der ersten Messung definierten Koordinaten bestätigt oder überprüft werden. In der Regel gilt: Je mehr Messungen die Koordinaten eines Punktes bestimmen, umso zuverlässiger sind die Koordinaten. Diese zusätzlichen Messungen werden als redundante Messungen bezeichnet.

Alle Messungen enthalten eine gewisse Fehlerquote. Daher berechnet jede Messung leicht abweichende Koordinaten für denselben Messpunkt. Aus praktischen Gründen sollte es eine Koordinatenposition für einen Messpunkt geben. Eine einzelne, optimal geschätzte Koordinate kann durch Berechnen eines gewichteten Durchschnitts der zusätzlichen oder redundanten Messungen abgeleitet werden, wobei jede Gewichtung durch die Messgenauigkeit definiert wird.

Gewichteter Durchschnitt
Berechnen eines gewichteten Durchschnitts

Auch wenn der Ansatz des gewichteten Durchschnitts für einzelne Punkte funktioniert, so reicht er nicht aus, um die Koordinaten für mehrere Punkte in einem Netzwerk, z. B. die Parcel Fabric, zu berechnen. Es ist eine erweiterte Methode erforderlich, die die zahlreichen möglichen Messpfade zwischen den Punkten berücksichtigt. Die Techniken und Algorithmen in einer Anpassung der kleinsten Quadrate stellen die strengste und allgemein anerkannte Lösung für die Bearbeitung eines Netzwerks von Messungen und Punkten bereit.

Ein Grenznetzwerk
Mehrere Punkte in einem Netzwerk

Eine Anpassung der kleinsten Quadrate ist ein mathematisches Verfahren, das auf der Wahrscheinlichkeitstheorie basiert, die die statistisch wahrscheinlichste Koordinatenposition von Punkten ableitet, die durch mehrere Messwerte in einem Netzwerk definiert sind. Mathematisch ausgedrückt: Eine Anpassung der kleinsten Quadrate definiert eine optimale Lösung für gewichtete Messungen durch Ermitteln eines Mindestwerts für die Summe der Quadrate der Residuen. Ein Residuum ist die Menge, die benötigt wird, um einen Messwert zu korrigieren, damit er in die optimale Lösung passt, die von der Anpassung der kleinsten Quadrate ermittelt wurde.

Anpassungsmethode der kleinsten Quadrate bei Parcel Fabrics

Die Anpassungsmethode der kleinsten Quadrate wird bei Parcel Fabrics eingesetzt, um die Positionsgenauigkeit von Flurstücksecken schrittweise zu verbessern. Während Flurstücksgrenzdimensionen die Form eines Flurstücks genau definieren, wird mit der Anpassungsmethode der kleinsten Quadrate mit Vermessungspasspunkten die räumliche Position eines Flurstücks genau definiert.

Die Engine für die Anpassung der kleinsten Quadrate in der Parcel Fabric wendet Dimensionen zusammen mit Passpunkten auf Flurstücklinien an, um für jeden Flurstückpunkt im Netzwerk die Koordinatenposition mit der größten statistischen Wahrscheinlichkeit zu ermitteln. Diese Beschreibung der Anpassung der kleinsten Quadrate lässt sich besser verstehen, wenn man sich einen Polygonzugpfad zwischen zwei Passpunkten im Fabric-Netzwerk vorstellt. Die Fabric-Punkte P1 und P5 sollten lagegleich mit ihren entsprechenden Passpunkten CP1 und CP2 sein. Die Anpassung der kleinsten Quadrate passt den Fehlschlussfehler zwischen P1 und CP1 sowie P5 und CP2 durch die verbleibenden Punkte P2, P3 und P4 so an, dass P1 und P5 mit ihren Passpunkten lagegleich werden. Die Koordinaten von P2, P3 und P4 werden an die optimale Lösung angepasst und die Linien werden aus den angepassten Punkten neu berechnet. In der Parcel Fabric fungiert die Genauigkeit für Flurstückslinien als Gewichtungssystem in der Anpassung der kleinsten Quadrate. Linien mit höheren Gewichtungen werden weniger angepasst als Linien mit niedrigeren Gewichtungen. Je höher die Genauigkeit ist, desto höher ist die Gewichtung für eine Flurstückslinie. In der Grafik unten besitzt die Linie zwischen P2 und P3 eine hohe Genauigkeit und somit eine hohe Gewichtung. In der Anpassung der kleinsten Quadrate hat die Linie P2–P3 proportional weniger von einer Anpassung erhalten als die anderen Linien im Polygonzugpfad.

Anpassung der kleinsten Quadrate mit Passpunkten
Anpassung der kleinsten Quadrate mit Passpunkten

Die restlichen Unterschiede zwischen den ursprünglichen Linien und den Linien, die aus den angepassten Koordinaten berechnet wurden, geben Aufschluss darüber, wie gut die Flurstückslinien zueinander sowie zu den Passpunkten passen. Ein großes Residuum weist auf ein Problem mit der Flurstückslinie selbst oder nahegelegenen Flurstückslinien hin, da der ursprüngliche Wert eine erhebliche Änderung erfordert hat, damit er in die optimale Lösung passte.

Der Prozess der Anpassungsmethode der kleinsten Quadrate bei Parcel Fabrics

Im ersten Schritt der Fabric-Anpassung der kleinsten Quadrate werden Transformationsparameter zwischen den Koordinaten der Passpunkte und den entsprechenden Koordinaten der zugrunde liegenden Flurstückspunkte ermittelt. Wenn die Transformationsresiduen innerhalb akzeptabler Grenzen liegen (die Unterschiede zwischen den zwei Koordinatensystemen), werden die Transformationsparameter auf alle Parcel Fabric-Koordinaten angewendet, um sie in Koordinaten des Steuersystems umzuwandeln. Durch die Ausführung einer Einpassungsprüfung für die Passpunkte können diese Transformationsresiduen angezeigt werden.

Nach der Transformation wird die Peilung und Entfernung jeder Flurstückslinie mit der Peilung und Entfernung der im transformierten Koordinatensystem (Koordinatensystem der Passpunkte) berechneten Linien-Shapes verglichen. Dazu wird die Differenz zwischen der ursprünglichen Peilung und Entfernung und der aus der transformierten Koordinaten berechneten Peilung und Entfernung berechnet. Jede Flurstücklinie mit einer Differenz bei Peilung und Entfernung, die die im Dialogfeld "Koordinaten anpassen" angegebenen Toleranzen überschreitet, wird in den Bericht zur Anpassung der kleinsten Quadrate aufgenommen. Nachdem die Koordinaten der Parcel Fabric in Koordinaten des Steuersystems umgewandelt wurden, ermittelt die Anpassungs-Engine den Durchschnittswert (Berechnung eines Mittelwerts) der Koordinaten und bestimmt die optimale Ausgleichslösung für alle Punkte im Netzwerk. Die Anpassung ist eine gewichtete Anpassung der kleinsten Quadrate, wobei Flurstücke mit einer höheren Genauigkeitsstufe (höhere Gewichtung) schwächer als Flurstücke mit niedrigerer Genauigkeitsstufe (niedrigere Gewichtung) angepasst werden.

HinweisHinweis:

Bei der Anpassung der kleinsten Quadrate werden eine genauere Position und eine genauere Darstellung der Liniengeometrie für die einzelnen Flurstücklinien erreicht. Die ursprünglichen Dimensionen der Flurstücklinien (Attribute) werden nicht geändert. Die geometrische und räumliche Darstellung – das Flurstücklinien-Shape – der Dimensionen wird anhand der neu angepassten Koordinaten aktualisiert.

Redundanz

Eine Anpassung der kleinsten Quadrate führt dann zu den zuverlässigsten Ergebnissen, wenn im Netzwerk redundante Messungen vorhanden sind. Redundanz bedeutet, dass einer einzelnen Messung wiederholte Beobachtungen zugrunde liegen. Wiederholte Beobachtungen überprüfen das Messpunktnetzwerk. Eine Parcel Fabric ist ein redundantes Messpunktnetzwerk.

In der folgenden Grafik besitzt ein einzelnes Flurstück vier Linien und vier Punkte. Eckpunkt 2 wird durch zwei Linien (Messungen) definiert.

Ein einzelnes Flurstück
Ein einzelnes Flurstück

In der Parcel Fabric wird Eckpunkt 2 vom gleichen Flurstück jetzt durch acht Linien (Messungen) definiert.

Redundanz in der Parcel Fabric
Redundanz in der Parcel Fabric

Da die redundanten acht Linien denselben Punkt 2 definieren, ist es jetzt einfacher, eine Linie zu identifizieren, die eine Koordinate für Punkt 2 definiert, der sich signifikant von den von anderen Linien definierten Koordinaten unterscheidet. Je mehr Linien dieselbe Punktkoordinate definieren, desto zuverlässiger ist daher die Erkennung von Ausreißern oder inkonsistenten Linien. Die Anpassung der kleinsten Quadrate identifiziert Linien, die nicht mit der Ausgleichslösung übereinstimmen, mithilfe von Redundanz. Redundanz in der Parcel Fabric wird durch allgemeine Punkte und Konnektivität hergestellt.

Umgang mit Peilungen

Bei der Parcel Fabric wird angenommen, dass sich Peilungen für die Linien in einem Flurstück auf dem Azimut des Flurstücks befinden. Außerdem muss jedes Flurstück möglicherweise weiterhin getrennt gedreht und skaliert werden, damit es mit dem Datum und der Projektion der Parcel Fabric übereinstimmt. Wenn interne Winkel für den Polygonzugeintrag eines Flurstücks verwendet werden, werden die Winkel gespeichert, und Peilungen für die Linien werden auf Grundlage eines angenommenen Azimuts berechnet. Es sind Peilungen erforderlich, da bei der Anpassung für die Flurstücklinien Peilungsgleichungen und keine Winkelgleichungen verwendet werden.

Wenn ein Flurstück mit der Fabric verbunden wird, werden zuerst Koordinaten für die Ecken des Flurstücks in einem lokalen Koordinatensystem mithilfe der ursprünglichen Dimensionen berechnet. Der erste Punkt im Flurstück erhält die Koordinaten 0,0 Ost und 0,0 Nord und alle weiteren Punkte werden mithilfe der Dimensionen berechnet. Der Abschlussfehler wird vor der Berechnung der lokalen Koordinaten mithilfe einer Bowditch-Anpassung verteilt.

Während des Verbindungsprozesses werden nicht verbundene Flurstückeckpunkte mit den entsprechenden Punkten in der Fabric verglichen. Es werden Transformationsparameter zwischen den Koordinaten des Flurstücks und dem Koordinatensystem der Fabric berechnet. Es wird eine Helmert-Transformation verwendet (Rotation, Skalierung, Verschiebung in X-Richtung und Verschiebung in Y-Richtung). Wenn in der Verbindung mehr als zwei Punkte verwendet werden, wird der Parameter mithilfe einer Methode der kleinsten Quadrate bestimmt. Beim Verbinden werde die Punkte in das Netzwerk der Fabric transformiert, und die Unterschiede oder Transformationsresiduen werden im Dialogfeld "Verbinden" als dx (Änderung in X) und dy (Änderung in Y) angezeigt. Diese Residuen geben Aufschluss darüber, wie gut die verbundenen Flurstücke in die umgebende Parcel Fabric passen.

Nach derVerbindung eines Flurstücks werden Rotation und Maßstabsfaktor (aus der Transformation) mit dem Flurstück gespeichert und von der Anpassung der kleinsten Quadrate zum Aufstellen der Peilungsgleichungen verwendet. Bei der Anpassung der kleinsten Quadrate werden Flurstückpeilungen wie ein geodätischer "Richtungssatz" behandelt. Es wird angenommen, dass die Winkel zwischen den Flurstücklinien korrekt sind, aber die ganze Gruppe der Linien könnte leicht gedreht werden (Basis der Peilung). Daher ermittelt die Anpassung der kleinsten Quadrate X- und Y-Korrekturen für jeden Punkt und eine Rotationskorrektur oder "Ausrichtungselement" für jedes Flurstück.

Die Anpassung meldet eine Rotation, einen Maßstabsfaktor, dx (Änderung in X) und dy (Änderung in Y) für jedes angepasst Flurstück. Innerhalb eines Unterteilungsplans sollten die Rotation und der Maßstabsfaktor für jedes Flurstück sehr ähnlich sein. dx und dy geben die Änderung der Geometrie des Flurstücks an. Wenn die Anpassung erneut ausgeführt wird, werden die Rotation und der Maßstab für jedes Flurstück neu berechnet.

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9/11/2013